Zurück in Deutschland ging es für mich direkt in das recht straffe Masterstudium des Naturschutzes, was mich aber nicht davon abhält immer wieder einen Gedanken an meine Auslandsreise zu verlieren. Estland, Sommer, Europäischer Freiwilligen-Dienst (EFD), drei Monate, Estonian Fund for Nature (ELF) und ein internationales Team – wie kann ich mein Erlebnis in wenige Worte fassen?
Bevor ich in dieses kleine Land ging war ich völlig offen aber ebenso unsicher, wie es werden würde. Aber schon nach den ersten Wochen war mir klar, dass ich meine kurzfristige Entscheidung nicht bereuen würde. Es gibt so viele große und kleine Dinge, die ich während meines EFDs gelernt habe. Während ich die großartige Chance hatte, viele Nationalparks und Naturreservate Estlands zu besuchen, erfuhr ich auch was es bedeutet, die wertvollen, teilweise semi-naturellen Habitate zu erhalten. Die sehr oft enge Tuchfühlung mit der Natur, die körperliche Arbeit und die Distanz zur sicheren Heimat taten mir total gut weil sie meinen Kopf frei gemacht haben und mich dazu bewegten ab und zu über meinen Schatten zu springen. Auch der Austausch mit meinen tollen Team-Kollegen Laura und Thomas sowie anderen Freiwilligen verschaffte mir einen neuen Blick auf einige Dinge – vielleicht nehme ich heute so Manches leichter.
Positiv überrascht hat mich, wie viele engagierte Menschen, Ausländer und Einwohner, in Estland zusammen kommen. Und alle waren aus den gleichen Gründen hier: unbekannte Orte besuchen, dem Alltag entfliehen, Gleichgesinnte oder Freunde finden, einen kulturellen Austausch erleben und natürlich etwas Gutes für die Natur tun. Ich denke mit der Freiwilligen-Arbeit kann man nur Gewinn machen! In der Zukunft habe ich vor, mich weiterhin in ähnlichen Camps auf Freiwilligenbasis zu engagieren, sei es im In- oder Ausland – vielleicht sogar eines Tages wieder in Estland.
Einen Europäischen Freiwilligen-Dienst kann ich jedem jungen Menschen, der auf der Suche nach Abwechslung ist, nur empfehlen. Wie ich in meinem Fall sehe, können ein paar Monate im Ausland die persönliche Entwicklung enorm fördern und dabei helfen eine genauere Zukunftsperspektive zu zeichnen. Beispielsweise kann ich an viele Dinge, die ich in Estland über die Natur gelernt habe, jetzt in meinem Studium anknüpfen. Auch Soft Skills, wie z.B. die enge Arbeit in einem internationalen Team (wir drei wurden als “heart, hand and head” betitelt), können eine wichtige Rolle im zukünftigen Arbeitsalltag spielen. Ein weiteres Argument, welches meiner Meinung nach für den EFD spricht und das für viele junge Menschen sicher relevant sein wird, ist, dass der gesamte Aufenthalt durch die EU finanziert wird!
Obwohl die estnische Kultur der deutschen ziemlich ähnelt, konnte ich zahlreiche typische Traditionen wie die Zubereitung des Frühstücksbreies oder eine Sauna im Baltischen Meer miterleben. Das Vorurteil Esten seien recht zurückhaltend, kann ich übrigens nicht bestätigen. In den meisten Situationen lernte ich sie als sehr offene, freundliche und hilfsbereite Menschen kennen. Zudem traf ich viele Leute, die gern bereit waren ihre Naturliebe mit mir zu teilen und so sammelten wir Pilze, Kräuter und Beeren, folgten Elchspuren und kochten Apfelmarmelade. Durch unsere Tutoren und andere Kollegen des ELFs sowie durch Spezialisten (u.a. einen Ornithologen, Entomologen, Pflanzensoziologen, eine Geografielehrerin und einen Wildtier-Veterinärmediziner) erfuhren wir Interessantes über die estnische Flora, Fauna, Geologie und Geschichte, oder bekamen auch einfach Geschichten, wie z.B. über die erste Begegnung mit einem Bären, erzählt.
Ein mit entscheidender Grund warum mein EFD letztendlich so gelungen war, war die exzellente Arbeit meiner Gastgeber-Organisation, dem Estonian Fund for Nature (ELF). Wir hatten wirklich großartige Tutoren und Mentoren, die uns sehr gut auf die Reise vorbereiteten und während des Aufenthaltes sehr engagiert unterstützten – hinsichtlich der Arbeit und persönlicher Belange. Von dem Ablaufplan bis hin zur Unterbringung und der Logistik war alles sehr gut organisiert. Für Fragen und Wünsche gab es stets ein offenes Ohr und die Möglichkeit etwas durchzusetzen. Ich möchte nur Triins Bemühung um ein eigenes Fahrrad für uns nennen sowie dank Rait die Möglichkeit Greifvogel-Flugversuchen mit durchzuführen.
Um meine Eingangsfrage zu beantworten, würde ich mein Estland-Abenteuer mit den folgenden Worten zusammen fassen: Natur, Freundschaften, Lernen und Spaß. Es war einfach eine unvergessliche Zeit, für die ich sehr dankbar bin!
“Aitäh ja nägemist”, Lea